Ich spüre die Veränderung, die mit mir, die in mir passiert. Ich fühle mich wie im Aufbruch. Ich weiß, dass bald etwas zu Ende gehen wird und Platz für etwas Neues und Anderes macht. Es ist aufregend und spannend, wie vor einer lang ersehnten Urlaubsreise. Es ist ein Abenteuer, auf das ich zu fiebere. Die Vorfreude macht mich ganz hibbelig. Gleichzeitig habe ich aber auch ordentlich Angst. Ich weiß nicht, was passieren wird. Ich verlasse auf dieser Reise meine sicheren Gefilde und muss mir und meinen Gefühlen vollends vertrauen. Ich weiß, dass mir die Angst den Weg zeigt. Ich weiß (zumindest theoretisch): Die Angst ist wie eine Tür, durch die man hindurch gehen muss, um einen anderen Ort zu erreichen. Ich habe gelernt, dass die Angst nur die besten Absichten verfolgt. Sie will mich beschützen, mich an einem sicheren Ort wissen, an dem mir nichts passieren kann.
Oder hat die Angst vielleicht recht? Trügt mich mein Gefühl und ich sollte doch lieber weiterhin mein sicheres und geregeltes Leben führen? Es geht mir doch an sich ganz gut. Soll ich also lieber nicht auf die Reise gehen, weil mir etwas passieren könnte? Weil ich scheitern könnte?
Aber, geht es mir wirklich gut? Ist dieses Leben wirklich sicher für mich? Nein, ich glaube nicht. Mein Leben - abgesehen von meinem Mann und meinen Kindern - tut mir nicht gut. Ich fühle mich wie in einem Hamsterrad. Wie eine Arbeitsdrohne. Ja gut, die Soziale Arbeit an sich füllt mich aus. Ich helfe Menschen und liebe es. Nach wie vor. Und abends weiß ich, dass ich meinen Arbeitstag mit etwas Sinnvollem gefüllt habe. Vom Ding her ist es also weiterhin das, was ich machen will. Doch jetzt, 18 Jahre in diesem Job fühle ich mich verloren. Das, was für mich dort jahrelang das Richtige war, fühlt sich heute hol und stumpf an. Alles wiederholt sich, nichts wirklich verändert sich.
Soll ich diesen Job bis zu meiner Rente machen? Wo ich doch jetzt schon so empfinde? Ich will und kann so viel mehr. Ich will gestalten, erschaffen, voran kommen und Dinge zum besseren verändern. Ich habe so viele Ideen! Ich sehe genau, wie Hilfe anders sein kann. Wie es besser und effektiver sein kann. Ich sehe einen Weg Schicksale zu vermeiden oder die Wahrscheinlichkeit der Entstehung von Schicksalen zu minimieren. All das sehe ich und doch muss ich weiterhin alles so tun, wie bisher. In diesem Job unterliege ich Rahmenbedingungen, Strukturen und Menschen, die mich ausbremsen. Meine Arbeit unterliegt Restriktionen von außen, die jegliche schöpferische Tätigkeit im Keim ersticken. Es ist wie ein Gefängnis für meinen Geist. Mein Geist ist eingesperrt und ich leide körperlich. Mein Arzt sagt, meine Knieschmerzen kommen vom Stress. So auch der Druck auf meinen Ohren. Vor den Knieschmerzen und dem Druck auf den Ohren hatte ich eine Schwellung in der rechten Hand. Vermutet wurde, dass die Schwellung meiner Hand durch starkes Zusammenpressen zu einer Faust des nachts entstanden ist. Meine Zähne habe ich schon ordentlich glatt geknirscht. Die Schwellung wurde mit einer Cortison Spritze behandelt und für mein Zähne habe ich eine Knirschschiene bekommen. That´s it?
Ich tue viel dafür, dass es mir körperlich gut geht. Ich fahre seit Jahren fast alle Strecken mit dem Fahrrad. Ich mache jeden Tag Yoga und habe meine Ernährung umgestellt. Die Rückenschmerzen sind zwar zurück gegangen und die Schwellung an der Hand ist nicht zurück gekommen, aber die Knieschmerzen sind noch da und der Ohrendruck auch. Mein Körper signalisiert mir, dass irgendetwas nicht in Ordnung ist.
Wenn irgendetwas nicht in Ordnung ist, ist dann mein Leben gut? Tut mir mein Leben dann gut? Und wenn meine Leben mir nicht gut tut, kann es dann sicher für mich sein? Oder macht mich mein Leben (eher) krank?
Ich glaube, dass mein Körper mir mit den Beschwerden signalisieren will, dass etwas gar nicht gut ist. Mein Körper spricht mit mir und ich muss zuhören. Ich muss erfahren, was mir dazu verhelfen kann, ein Leben zu leben das mir gut tut. Ich folge der Spur meiner Angst und werde durch die Tür hindurch gehen.
Noch vor einem Jahr wäre ich niemals auf den Gedanken gekommen, mich auf eine Reise zu begeben. Jetzt packe ich schon meine Koffer.
Eure Serena
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